Persönlichkeit

Persönlichkeit

Jeder Mensch zeichnet sich durch seine einzigartige Persönlichkeit aus. Besonders interessant ist dabei, dass diese Persönlichkeitseigenschaften nach außen hin weit weniger leicht zu erkennen sind als äußerliche Merkmale wie etwa die Körpergröße und Haarfarbe. Signifikante Persönlichkeitsunterschiede zwischen einem selbst und anderen Menschen können daher leicht übersehen werden.

Intuitiv gehen die meisten Menschen davon aus, dass andere ähnlich „gestrickt sind“ wie sie selbst und stellen sich nicht bewusst auf die besondere Persönlichkeit ihres Gegenübers ein, was die Beziehung oder eine Kooperation beeinträchtigen kann.

Doch was ist „Persönlichkeit“ eigentlich? Die Persönlichkeitspsychologie definiert diesen Begriff als das für ein Individuum charakteristische Muster des Denkens, Fühlens und Handels (Myers, 2008, 588). Die Persönlichkeit eines Menschen wird durch biologische, psychologische und soziokulturelle Einflüsse geprägt. Persönlichkeitseigenschaften sind ca. zu 50% erblich bedingt. Das Zusammenspiel aus einer Vielzahl von Faktoren, zu denen beispielsweise das genetisch festgelegte Temperament, Erfahrungen aus der Kindheit und erlernte Reaktionen und unbewusste Denkprozesse zählen, prägen die einzigartige Persönlichkeit eines jeden Menschen.

Es gibt eine unübersichtliche Vielfalt an Persönlichkeitseigenschaften. Es war daher ein großer Durchbruch für die Differentielle Psychologie, die sich mit Persönlichkeitsunterschieden befasst, Ordnung und Struktur in das Konzept der Persönlichkeit zu bringen. Dies gelang, indem man sämtliche Wörter, die Persönlichkeitseigenschaften beschrieben, aus einem Wörterbuch erfasste (Lexikalischer Ansatz in den 1930ern) und diese statistisch mit einer sogenannten Faktorenanalyse untersuchte. Aus den ursprünglich 18.000 Wörtern konnten so einige grundlegende Persönlichkeitseigenschaften ermittelt werden.

So ist das Big-5-Modell der Persönlichkeit entstanden, welches sich gegenwärtig in der psychologischen Wissenschaft am stärksten durchgesetzt hat und die Grundlage tausender wissenschaftlicher Studien darstellt. Jede der fünf Big-Five-Dimensionen besteht aus zwei sich gegenüberliegenden Polen.

  • Extraversion vs. Introversion
  • Gewissenhaftigkeit vs. Flexibilität
  • Offenheit für neue Erfahrungen vs. Beständigkeit
  • Verträglichkeit vs. Wettbewerb
  • Sensibilität vs. Emotionale Stabilität

 

Diese Eigenschaften lassen sich im Alltag bei anderen Menschen unterschiedlich gut beobachten. Extraversion ist dabei wohl die Persönlichkeitseigenschaft, welche am leichtesten bei anderen Menschen festzustellen ist. Ein Bespiel für eine sehr extravertierte Persönlichkeit ist Donald Trump.

Im Folgenden werden die einzelnen Persönlichkeitsmerkmale näher beschrieben:

Extraversion: nach außen orientiert, starkes Geselligkeitsbedürfnis, Wunsch von anderen positiv wahrgenommen zu werden, Enthusiasmus, Fröhlichkeit, hohes Aktivitätslevel, Dominanz in sozialen Beziehungen, Empfänglichkeit für Anregung und Aufregung.

Introversion: auf die eigenen Gedanken und Gefühle orientiert, Präferenz für den Austausch mit Einzelpersonen statt Gruppen, eher reserviert im Erstkontakt, Unabhängigkeit von dem Urteil anderer, eher niedriges Aktivitätsniveau, Streben nach Ruhe und Entspannung.

Gewissenhaftigkeit: Ordnungsliebe, Strukturiertheit, wohl überlegte Entscheidungsfindung, hohe Anstrengungsbereitschaft, disziplinierte Arbeitsweise, Pünktlichkeit, Ehrgeiz.

Flexibilität: Spontanität, flexible Entscheidungsfindung ohne langes Analysieren, Tendenz zur Improvisation, eher entspannte Lebensführung ohne ambitionierte Leistungsziele, Tendenz mehrere Aufgaben parallel zu bearbeiten.

Offenheit für Erfahrung: Kreativ, fantasievoll, Interesse an vielfältigen Themen, Ausprobieren neuer Wege und Handlungsweisen, kritische Auseinandersetzung mit dem Status Quo, gefühlsorientierte Entscheidung.

Beständigkeit: Orientierung an Daten und Fakten, starker Realitätsbezug, Bewährtes wird weitergeführt, klares Werte- und Normkonzept, Orientierung an Strukturen und Autoritäten, rationale Entscheidungsfindung.

Verträglichkeit: starke Hilfsbereitschaft, Mitgefühl, Wohlwollen, Vertrauen, Nachgiebigkeit, Harmoniebedürfnis, Bescheidenheit in der Selbstdarstellung, Freimütige Kommunikation, Entscheidungen werden aus Mitgefühl getroffen.

Wettbewerbsorientierung: skeptische Grundeinstellung gegenüber anderen Menschen, Kommunikation wird geschickt dem Kontext angepasst, Tendenz sich aus den Problemen anderer Menschen herauszuhalten, offenes Austragen von Konflikten, Tendenz zur positiven Selbstdarstellung, rationale statt soziale Entscheidungsfindung.

Sensibilität: sensibel und empfindsam, direkter Zugang zu eigenen Gefühlen, hohes Anspannungsniveau und Reizbarkeit, hohe emotionale Durchlässigkeit für Einflüsse von außen, höhere Impulsivität, höhere Stressanfälligkeit.

Emotionale Stabilität: meist entspannt, stabile Stimmungslage, sicher in sozialen Situationen, kontrolliert, hohe Belastbarkeit.

Es wurden sehr viele psychologische Studien durchgeführt, um den Zusammenhang zwischen konkreten Persönlichkeitsmerkmalen und bestimmten Aspekten wie Berufserfolg, Gesundheit und Lebenszufriedenheit zu untersuchen. Insbesondere für das Merkmal Gewissenhaftigkeit ließen sich vielfach leicht positive Zusammenhänge mit leistungsbezogenen Konstrukten finden. Für Sensibilität hingegen wurden regelmäßig moderate negative Zusammenhänge mit Karriere- und Lebenszufriedenheit gefunden. Es bleibt aber festzuhalten, dass die Persönlichkeitsmerkmale letztlich nur eine von mehreren Einflussgrößen auf die Lebenszufriedenheit, die Gesundheit und den Erfolg sind.

Ein weiterer interessanter Aspekt im Zusammenhang mit Persönlichkeit ist der so genannte fundamentale Attributionsfehler. Dieser beschreibt die Tendenz, dass wir das Verhalten anderer Menschen übermäßig stark auf deren Persönlichkeit zurückführen und die Bedeutung der Situation unterschätzen. Diese Erkenntnis lädt dazu ein, genauer zu hinterfragen, ob ein Mensch, den wir als unfreundlich wahrgenommen haben, vielleicht einfach gestresst war.

Abschließend bleibt es zu betonen, dass es keine generell „schlechten“ oder „guten“ Persönlichkeitseigenschaften gibt. Vielmehr sollte stets die Passung zum Umfeld betrachtet werden. Es sollte reflektiert werden, ob der Mensch seine jeweilige Persönlichkeitseigenschaft in seinem Umfeld als Stärke einbringen kann oder sie ihn dort limitiert.

Systeme – sei es die Menschheit als Ganzes, eine Gesellschaft, ein Unternehmen oder eine Familie – gehen mit einer Vielfalt an Aufgaben und Anforderungen einher. Die erheblichen Persönlichkeitsunterschiede zwischen den Menschen mit ihren individuellen Stärken tragen dazu bei, dass vielfältige Rollen gut besetzt werden können. Unsere Persönlichkeitsunterschiede sind letztlich ein großer evolutionärer Vorteil für die Gruppe als Ganzes.

Wissen Sie, was Ihre eigene Persönlichkeit auszeichnet? Wie das passende Umfeld für Sie sein müsste? Was Sie am meisten von Ihren Mitmenschen unterscheidet und wo die Stärken und Schwächen Ihrer Persönlichkeit liegen? Sie haben nur eine vage Idee von den Antworten und sind neugierig mehr Klarheit zu gewinnen? Dann wenden Sie sich gerne an mich, um durch ein Persönlichkeits-Profiling mehr über sich zu erfahren.

 

Literatur

Aronson, E. (2008). Timothy Wilson: Sozialpsychologie. 6., aktualisierte Auflage. London, München: Pearson Studium.

Myers, David G. (2015). Psychologie. Springer-Verlag.

Thonhauser, J. (2011). Julius Kuhl: Lehrbuch der Persönlichkeitspsychologie. Motivation, Emotion und Selbststeuerung. Göttingen, Hogrefe.